Optimismus als «Doping» für 2022

    Resilienz ist das Rezept in herausfordernden Zeiten

    Und jährlich grüsst das Murmeltier: in der Altjahreswoche werden Vorsätze für das kommende Jahr formuliert und die nächsten Herausforderungen und Perspektiven analysiert. Was viele Fachleute sagen: Mit Resilienz ist man besser gewappnet für die kommenden Herausforderungen.

    (Bild: Pexels) Resilienz ist ein faszinierendes und vielschichtiges Konzept. Es dient als Ressource und als Teil der inneren Haltung und Einstellung gegenüber dem Wandel und den damit verbundenen Herausforderungen.

    In Zeiten wie diesen wird von vielen Resilienz verlangt. Also eine Widerstandsfähigkeit in Krisen und Standhaftigkeit bei hohen Belastungen oder als Ergebnis für das Erhalten der Lebensqualität in belastenden Lebenssituationen. Professor Klaus Lieb, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leibniz-Institut für Resilienzforschung, meint dazu: Resilienz ist die Aufrechterhaltung oder rasche Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während oder nach stressvollen Lebensereignissen. Resilienz heisst also nicht, immer frei von psychischen Belastungssymptomen zu sein, sondern in der Lage zu sein, in Reaktion auf Stress und widrige Lebensumstände entweder die psychische Gesundheit aufrecht zu erhalten oder nach einer relativ kurzen Phase der psychischen Belastung in einen psychisch gesunden Zustand zurückzukehren. Wie aber erreicht man den Zustand der Resilienz? Besonders jetzt, wo sie gefragt ist im Umgang mit immer neuen Umständen – verursacht durch die epidemiologischen Entwicklungen?

    Wie geht Resilienz?
    «Für die Bewältigung der psychischen Belastungen der aktuellen Pandemie sind grundsätzlich Menschen mit einer hohen Resilienz besser gewappnet als Menschen mit einer niedrigen Resilienz. Unsere Studien und insbesondere die systematische Analyse der sehr umfangreichen Literatur zu psychischen Belastungen in der Coronapandemie haben bestimmte Risikofaktoren für erhöhte psychische Belastung in der Pandemie identifiziert. Dazu gehören zum Beispiel weibliches Geschlecht und jüngeres Lebensalter, aber auch ein häufiger Medienkonsum, Sorgen und ständiges Grübeln über das Virus und Sorgen über finanzielle Auswirkungen der Krise.» Das sagte der Fachmann in einer Online-Fachpublikation. Protektiv dagegen würden soziale Kontakte, die Fähigkeit, in der Krise auch eine Chance zu sehen sowie höheres Lebensalter, hohe Bildung und gutes Einkommen wirken. Es sei aber zu befürchten, dass sich auch in der Frage der psychischen Auswirkungen soziale Ungleichheiten verstärken könnten. Anzumerken sei aber, dass es auch positive Auswirkungen der Krise gibt. So hätte man in einer Längsschnittstudie gesehen, dass 80 Prozent der 500 wöchentlich befragten Probanden insgesamt über eine geringere psychische Belastung während des ersten Lockdowns berichteten, die durch den Wegfall täglicher Stressoren wie zum Beispiel Strassenverkehr, Auseinandersetzung mit Kollegen und so weiter bedingt war. Etwa acht Prozent der Befragten zeigten jedoch nach initialer Adaption an die Krise im weiteren Verlauf eine Zunahme von Stress, psychische Belastung und Frustration. Solche Risikogruppen müssen besonders im Auge behalten werden.

    Konkrete Tipps…
    Und was rät beispielsweise das Unispital Basel? «Massnahmen zur Stärkung der Stressresilienz im Rahmen der Pandemie seien unter anderem die Förderung von sozialer Unterstützung und sozialem Kontakt, Planung von Tagesroutinen, Förderung der Selbstfürsorge, Einlegen von regelmässigen Medienpausen, Information über individuelle und evidenzbasierte Massnahmen, die man ergreifen kann, um das Infektionsrisiko zu verringern. Ausserdem: Das Erlernen und Anwenden von Entspannungsverfahren, Achtsamkeit, akzeptierende Haltung in einer aussergewöhnlichen Situation, Akzeptanz und Zulassen von negativen Gefühlen, das Achten auf Flexibilität und Kreativität in der Gestaltung des Alltags, gesunde Ernährung und Integration von regelmässiger Bewegung in den Alltag (am Besten in der Natur).

    (Bild: Pexels) Das Forschungsinstitut gfs.bern hat auch dieses Jahr im Auftrag der Credit Suisse die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nach ihren Sorgen befragt. 2021 war – wie bereits im Vorjahr – die Corona-Pandemie und ihre Folgen die Top-Sorge. Ausserdem: der Klimawandel und die Altersvorsorge.

    Resilientes Verhalten ein dynamischer Prozess
    Wovon reden wir hier aber? Resilienz ist ein faszinierendes und vielschichtiges Konzept. Es dient als Ressource und als Teil der inneren Haltung und Einstellung gegenüber dem Wandel und den damit verbundenen Herausforderungen. Wichtig für den Prozess der Resilienz ist zu verstehen, dass alles immer in Abhängigkeit von Risiken, Widrigkeiten und Herausforderungen steht, und zu erkennen, dass resilientes Verhalten ein dynamischer Prozess ist, der sich über ein ganzes Leben hinweg vollzieht und den ich selber gestalten kann. Resilienz ist kein angeborenes und stabiles Persönlichkeitsmerkmal, welches gegen alle negativen Einflüsse und Geschehnisse «unverletzbar» macht. Vielmehr wird heute davon ausgegangen, dass die Resilienz ein grundlegendes Anpassungssystem darstellt, welches durch Umweltfaktoren gefördert oder eingeschränkt werden kann. Für das Verständnis von Resilienz ist es somit wichtig, die Interaktion des Menschen und seiner Umwelt miteinzubeziehen und diese nicht getrennt voneinander zu behandeln. (Quelle: Bildungsblog.ch, Manuela Schöni). Diese Resilienz ist nun auch gefragt für das Meistern der nächsten Herausforderungen, die 2022 auf uns warten. Und diese wären, wenn man sich das jährlich publizierte und viel beachtete «Sorgenbarometer» der Crédit Suisse Ausgabe 2021 / 22 anschaut, folgende: Die Corona-Pandemie und ihre Folgen standen auch 2021 an erster Stelle der Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer – dicht gefolgt vom Thema Umweltschutz und Klimawandel und der Sorge um die AHV/Altersvorsorge. 14 Prozent erachten die Arbeitslosigkeit als Problem. Dazu passt, dass zwei Drittel der Befragten wie im Vorjahr ihre persönliche wirtschaftliche Situation trotz der Pandemie als gut bezeichnen.

    Sorgenbarometer 2021 und Herausforderungen 2022
    Das Forschungsinstitut gfs.bern hat auch dieses Jahr im Auftrag der Credit Suisse die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nach ihren Sorgen und nach wesentlichen Identitätsmerkmalen des Landes befragt. 2021 ist – wie bereits im Vorjahr – die Corona-Pandemie und ihre Folgen die Top-Sorge (die Befragten konnten jeweils fünf Top-Sorgen nennen). Wie im letzten Jahr, zählen 40 Prozent die Pandemie zu den fünf Hauptsorgen. Für jeweils 39 Prozent der Befragten sind der Klimawandel (+10 Prozentpunkte) und die Altersvorsorge (+2) ebenfalls Hauptsorgen. Ebenfalls unter den fünf dringlichsten Themen für das Jahr 2021 findet sich die Ausgestaltung der Beziehungen zu Europa (33%) und die Entwicklung (der Kosten) im Gesundheitswesen und bei Krankenkassen (25%). Auf Platz sechs und sieben liegen die beiden Sorgen mit Bezug zur Migrationsthematik und immerhin 17 Prozent der Stimmberechtigten zählen dieses Jahr erhöhte Wohnkosten und den Anstieg der Mietpreise zu den zehn grössten Herausforderungen. Die Arbeitslosigkeit und die Versorgungssicherheit im Bereich der Energie bereiten je 14 Prozent Sorgen. Fragt man die Schweizerinnen und Schweizer nach dem am dringendsten zu lösenden Problem, ist die häufigste Antwort ebenfalls die Corona-Pandemie und ihre Folgen (20%), gefolgt vom Thema Umweltschutz/Klimawandel (18%). Klassische Sorgenthemen wie Arbeitslosigkeit oder Migration scheinen also langsam in den Hintergrund zu treten. Themen, die eher postmateriellen Charakter haben und die gesellschaftliche Gerechtigkeit als Anliegen verfolgen, haben Aufwind (Quelle: Credit Suisse Sorgenbarometer).

    Resilienz in der zweiten Phase der Pandemie
    Manuel Rybach ist Global Head of Public Policy and Regulatory Affairs bei der Credit Suisse. Er stellt in einer Mitteilung der CS und gfs.dern fest, dass «die jüngere Vergangenheit zeigt, wie die Schweiz insgesamt krisenresistent ist und eine hohe Resilienz aufweist. Bei der Frage nach ihrem aktuellen wirtschaftlichen Wohlbefinden oder der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation in der Zukunft etwa, schlagen sich Krisen wie die Finanzkrise (ab 2008), die Euro-Krise (ab 2010), der Frankenschock (2015) und nun auch die Corona-Pandemie im Sorgenbarometer kaum in schlechteren Werten nieder.» Die aktuelle Corona-Krise gehe über rein wirtschaftliche Aspekte hinaus und schaffe auch Unsicherheit was das gesellschaftliche Leben und das politische Funktionieren des Landes betreffe.

    JoW
    Quellen: Unispital,
    Cloé Jans, gfs.bern, CS

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